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OMNIA MEA MECUM PORTO
Während meines Lebens hatte ich viele Ateliers, in denen ich Wachs, Ton, Holz, Pigmente, Pinsel, Öle, Stoffe, Fräsmaschine und Werkzeuge für die Endbearbeitung aufbewahrte.
Trotzdem waren meine Arbeitsplätze nach vielen Jahren der Praxis mit Materialien, Formen und Oberflächen diejenigen, an denen sich meine Hände und mein Geist manifestierten.
Meine Hände und mein Geist sind das, was ich mit mir trage, ein Potenzial, das sich dort manifestiert, wo es geht: beim Steinmetz, in der Schreinerei, in der Gießerei, beim Drucker und in der Erde, die ich forme, indem ich in sie grabe, mit dem formbaren Material in meinen Händen, an jedem Ort, inmitten der Natur oder der Architektur.
Die Ateliers, die sich im Laufe meines Lebens zwangsläufig abwechselten, waren Häfen des Durchgangs. Es bleiben nicht die Häfen, auch nicht die Schiffe, sondern nur die Wege und Verbindungen, die sie geschaffen haben.
Als ich vierzehn Jahre alt war, lasen wir eines Tages im Lateinunterricht Ciceros Paradoxa Stoicorum und darin die Geschichte des griechischen Philosophen Bias von Priene. Er wurde gefragt, warum er auf der Flucht vor der Zerstörung seiner Heimatstadt nichts bei sich habe, und er antwortete: “omnia mea mecum porto” (Ich trage alle meine Sachen bei mir). Eine Offenbarung, die mein Leben geprägt hat!
Als ich 1993 begann, in der digitalen Dimension zu arbeiten, entdeckte ich, wie ich über meine analogen Erfahrungen hinausgehen konnte, und seit dem Jahr 2000 brauchte ich mit dem Netz nur noch ein an das Internet angeschlossenes Terminal – einen Computer -, um auf meine Werke zuzugreifen, die von ihrer analogen Dimension aus digital wurden, damit ich dort weiterarbeiten konnte: von der Hand, konkret, zum Verstand, virtuell.
Mit den analogen Studios/Arbeitsplätzen, die ich hatte, passierte etwas ähnliches. Tatsächlich waren sie immer ätherisch gewesen und wurden überall konkret, je nach Zeit und Bedarf, wo meine Hände und mein Geist sich manifestieren und entdecken wollten.
Form und Bild stehen im Dienst eines kognitiven und evolutionären Prozesses, der Arbeitsplatz ist die Persona.
Guido Dettoni della Grazia / 2020